Der erste Post-Fukushima Film von Sion Sono ist anders. Sono hatte das Drehbuch zu seinem Coming-Of-Age-Film angeblich schon fertig gestellt, überarbeitete es aber nach der Katastrophe nochmals komplett. Im Film ist die Katastrophe von Sumidas Nachbarn in ihren Zelten präsent - metaphorisch stehen die immer wieder zwischen einzelne Filmszenen geschnittene Kamerafahrten durch das völlig zerstörte Fukushima als Ausdruck für Sumidas elendes Innenleben.
Interessanterweise ist in dem Film, der es am ehesten erahnen lassen würde, der von Sonos Filmen bekannte Nihilismus erstaunlich wenig präsent. Sicherlich, der Film bietet immer wieder (teilweise drastische) Szenen psychischer und physischer Gewalt in der Familie, doch in Form von Sumidas hohen Idealen und Wertvorstellungen ist auch immer der Gegenpol vertreten. Auch die verliebte Keiko, die sich nicht von Sumidas Nichtbeachtung und Ablehnung unterkriegen lässt, ist für Sono ein erstaunlich hoffnungsvolles Element.
In diesem Spannungsfeld aus Überforderung und Hoffnungslosigkeit, Gewalt und Gleichgültigkeit aber auch Liebe und Poesie steht der ganze Film. Besonders greifbar und lebensecht wird der dargestellte Konflikt eines zu Scheitern drohenden Erwachsenwerdens durch die atemberaubend emotionalen Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller Sometani und Nikaido, die beider an ihre Grenzen gehen und dafür beim Filmfestival Venedig auch ausgezeichnet wurden.
Auch audiovisuell ist der Film beeindruckend, Sono hat hier einfach ein Talent, andererseits ist im bei der Mangaverfilmung sicherlich auch einiges an Startkapital mitgegeben worden, um eine starke Bildsprache einzufangen.
Durch das tolle Ende hat der Film zudem einiges richtig gemacht und durch diese (gemessen an den direkten Vorgängern) Sono-Light-Version im besten Sinne ist "Himizu" auch hervorragend für Nicht-Sono-Kenner geeignet, sich an das Werk des Regisseurs anzunähern. |